Zusammenleben gestalten — Best Practice Beispiele

ZEBRA begleitet seit 2014 im Auftrag des Landes Steiermark steirische Gemeinden, in denen geflüchtete Menschen wohnen. Ziel der Arbeit ist es, das Zusammenleben von einheimischen, geflüchteten und anderen zugewanderten Menschen so zu gestalten, dass sich alle an ihrem Wohnort wohl fühlen.

Auf Basis der gesammelten Erfahrungen entwickelte ZEBRA den Leitfaden Zusammenleben gestalten. Die vorliegende Sammlung ist eine Erweiterung des Leitfadens mit Best Practice Beispielen aus den Gemeinden.

POLITIK- & VERWALTUNGSEBENE

Die Gemeinde Hart bei Graz stellt ein jährliches Budget für den Bereich Integration zur Verfügung – damit werden u.a. Materialien für den ehrenamtlichen Deutschkurs und Fahrkarten für den öffentlichen Nahverkehr finanziert.

In der Stadtgemeinde Bruck gibt es eine Arbeitsgruppe „Zusammenleben“, die aus Mitgliedern der Gemeindeverwaltung und -politik sowie einer ZEBRA- Mitarbeiterin besteht. Die Gruppe plant und realisiert Aktivitäten zu den Themen Migration und Integration. Außerdem vernetzt sie relevante Akteur*innen und entwickelt Strategien für ein gelungenes Zusammenleben in Vielfalt.

ÖFFENTLICHKEITSARBEIT & BEWUSSTSEINSBILDUNG

In den Gemeindezeitungen von Hart bei Graz, St.Peter ob Judenburg oder Bruck an der Mur gibt es immer wieder Artikel, in denen die kulturelle Vielfalt der Gemeindebevölkerung Thema ist. Zum Beispiel wird über Aktivitäten mit geflüchteten Menschen berichtet oder zugewanderte  Gemeindebewohner*innen kommen zu Wort.

In der Stadtgemeinde Trofaiach gibt es einen „Platz der Vielfalt“. Damit setzt die Gemeinde ein Zeichen für Toleranz und gesellschaftlichen Zusammenhalt im öffentlichen Raum.

In Bruck gab es am Europäischen Tag der Sprachen ein Fest der Sprachen am Hauptplatz: Ziel der Veranstaltung war es, die Sprachenvielfalt in Bruck positiv darzustellen. Es beteiligten sich mehrere Brucker Vereine und ihre oft mehrsprachigen Mitglieder.

In Zeltweg unterstützte die Gemeinde eine Plakatserie des Vereins „Miteinander in Zeltweg“: Auf den Plakaten waren einheimische und zugewanderte Zeltweger*innen jeweils paarweise bei einer gemeinsamen Aktivität abgebildet, mit einer kurzen Beschreibung zu den abgebildeten Personen.

STRATEGIE, VERNETZUNG & KOOPERATION

In der Gemeinde Gratwein-Straßengel gibt es das Netzwerk „Gemeinsam Wege gehen“: Soziale Einrichtungen und freiwillig engagierte Menschen wollen mit dem Netzwerk die Teilhabe von Menschen mit Migrationsbiografie stärken. Außerdem werden gemeinsam Aktionen geplant – zuletzt beispielsweise ein „Umbrella March“ am Weltflüchtlingstag sowie ein Lichterstern am Tag der Menschenrechte.

BILDUNG

Die Stadtbücherei Bruck/Mur ermöglicht einen konsumfreien Begegnungsraum mit kostenfreier Nutzung von Spielen, Tablets und WLAN vor Ort. Es gibt auch fremdsprachige Literatur. Die Leihgebühren sind bewusst sehr niedrig gehalten.

GESELLSCHAFTLICHE TEILHABE

Im Repair Café Lieboch helfen Ehrenamtliche bei der Reparatur von defekten Elektrokleingeräten, Textilien, Fahrrädern, Möbeln oder Spielzeug. Immer wieder arbeiten dort auch Asylwerber*innen mit und bringen ihre praktischen Fertigkeiten ein.

In Hart bei Graz gibt es zweimal im Monat eine Nähberatung. Fachkundige Ehrenamtliche helfen bei der Reparatur oder Änderung von Kleidungsstücken. Manchmal wird auch Neues genäht. Geflüchtete Menschen, teils auch mit Fachkenntnissen, beteiligen sich an dem Angebot.

In vielen Gemeinden, z.B. in Hart bei Graz, Zeltweg, Stainz oder Lieboch gibt es mittlerweile „Kostnixläden“: Kleidung und Haushaltsgegenstände können dort abgegeben und mitgenommen werden. Ehrenamtliche kümmern sich um die Organisation und gestalten den Geschäftsraum.

Gemeinden wie Leibnitz oder Bruck haben eine bestimmte Anzahl von Tickets für den öffentlichen Verkehr, die alle Gemeindebewohner*innen nützen können. Die Tickets können jeweils für einen Tag ausgeliehen werden. Manche Asylquartiere bieten das ebenfalls an.

In Zeltweg hat der Verein „Miteinander in Zeltweg“ ein Rucksack-Projekt gestartet: Asylwerber*innen erhalten einen Rucksack mit „integrationsrelevantem“ Inhalt wie z.B. einer Broschüre über Zeltweg, eine Liste mit Links zum Deutschlernen im Internet oder Schreibmaterialien für den Deutschkurs.

LeibnitzKULT hinterlegt in der Sozial-Info der Stadtgemeinde Leibnitz für jede Veranstaltung 10 Freikarten für Menschen, die sich Tickets für das Kulturangebot (momentan) nicht leisten können.

In Gemeinden wie Zeltweg, Lieboch, oder Bruck beteiligen sich geflüchtete Menschen gemeinsam mit anderen Ehrenamtlichen jährlich beim steirischen Frühjahrsputz.

Im Jugendzentrum von St.Michael findet einmal im Monat ein Begegnungscafé statt: Asylwerber*innen treffen sich dort mit Ehrenamtlichen, um Deutsch zu sprechen und gemeinsam zu spielen. Manchmal werden spezifische Angelegenheiten besprochen – dann bringt ein ZEBRA-Mitarbeiter eine Dolmetscherin mit. 

ARBEIT & BESCHÄFTIGUNG

Über das Zeit-Hilfs-Netz Trofaiach und die Zeit- und Hilfsbörse Bruck an der Mur können Gemeindebewohner*innen ihre Fähigkeiten austauschen oder verschenken. So wird das Mit- und Füreinander in der Gemeinde belebt. Zugewanderte und geflüchtete Menschen werden aktiv aufgefordert, sich in diese Netzwerke einzubringen.

In Lieboch wurden Asylwerber*innen als Schülerlots*innen eingesetzt: Sie erhielten eine Ausbildung und waren bei einer sinnvollen Tätigkeit im öffentlichen Raum sichtbar.

Gemeinden wie Zeltweg, Leibnitz, Bruck an der Mur oder Mürzzuschlag informieren in ihren Gemeindezeitungen, mit Aushängen oder bei Veranstaltungen über den Dienstleistungsscheck. Für Asylwerber*innen kann das eine erste Arbeitsmöglichkeit in Österreich sein.

Der Verein „Gemeinsam in Stainz“ hat bereits für viele geflüchtete Menschen bezahlte Arbeit gefunden: Anfangs waren es vor allem Saisonarbeitsstellen in der Gastronomie für Asylwerber*innen, später auch fixe Arbeitsstellen für Konventionsflüchtlinge und Asylwerber*innen bei lokalen Gewerbetreibenden.

ZUSAMMENWOHNEN

In Zusammenarbeit mit Organisationen wie dem Servicebüro „Zusammenwohnen“ kann nachbarschaftlichen Konflikten vorgebeugt werden. In Stainz haben Mitarbeiterinnen des Servicebüros Asylwerber*innen auf die Zeit nach dem Leben im Asylquartier vorbereitet – mit vielen praktischen Beispielen aus dem Zusammenleben in einer Wohnsiedlung.

GESUNDHEIT

Bei der internationalen Frauengruppe in Zeltweg war eine Zahnärztin aus der Region zu Gast. Sie gab Tipps zur Zahnpflege und beantwortete Fragen.

Bei einem Treffen in der Asylunterkunft in Lieboch war eine Ernährungsexpertin zu Gast. Sie gab Tipps zu gesunder Ernährung, die nicht viel kostet. Die Anwesenden tauschten sich zu Essensgewohnheiten in den unterschiedlichen Herkunftsländern aus. Günstige Einkaufsmöglichkeiten in der Umgebung waren auch ein Thema.

KINDER, JUGEND & FAMILIE

Beim Zwergerltreff in Lieboch für Kinder von 0 bis 4 Jahren und ihre Eltern sind auch geflüchtete Kinder und ihre Eltern herzlich willkommen.

In Leibnitz findet zweimal im Monat ein Elterncafé statt: Bei kostenlosen Erfrischungen können sich Eltern austauschen und Kinder miteinander spielen. Das Angebot wird auch von zugewanderten und geflüchteten Menschen gerne genützt.

Bei der internationalen Frauengruppe in Stainz war eine Erziehungsexpertin zu Gast. Sie beantwortete Fragen zur Kindererziehung, und die Frauen konnten sich auch untereinander austauschen.

Integration in die Gesellschaft beginnt gleich vor der Haustür. Gerade Gemeinden können dabei eine große Rolle spielen. Wenn alle Einwohner*innen willkommen sind, wenn sie am Gemeindeleben teilhaben können und ein Gefühl von Zugehörigkeit entwickeln, stärkt das den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Und das verbessert die Lebensqualität für alle in der Gemeinde.

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